Auktionen klassischer Fahrzeuge

Trotz zunehmender Beliebtheit im deutschssprachigen Raum sind Auktionen klassischer Fahrzeuge noch immer mehr die Ausnahme als die Regel und hinken in der Entwicklung dem angelsächsischen Markt hinterher. Befasst man sich aber mit der Materie werden einem die Vorteile schnell klar: marktgerechte Preisfindung, ein zeitlich begrenztes Verkaufsfenster, Zugang zu einem breiten und kaufbereiten Publikum, das Wegfallen von lästigen Verhandlungen sowie ein geführter und qualitativer Verkaufsprozesses.

Informationsasymmetrie, Preisfindung und das Publikum

Eine zentrale Herausforderung beim Erwerben oder Veräussern von Liebhaberfahrzeugen ist die marktgerechte Preisfindung. Können bei einem Neuwagen einfach Vergleichswerte miteinbezogen werden, wird dies mit zunehmendem Alter der Fahrzeuge schwieriger. Einerseits nimmt das Angebot für ältere Fahrzeuge tendenziell ab, andererseits spielt Fahrzeugzustand, Ausstattung, Laufkilometer, Originalität und Historie eine gewichtige Rolle. Zudem fliessen emotionale Aspekte mit ein und beliebtere Modelle werden höher gehandelt als weniger beliebte.

Ein Käufer möchte ein Objekt zu einem möglichst niedrigen Preis erwerben, während der Anbieter sein Liebhaberfahrzeug zu einem höchstmöglichen Preis verkaufen will. Dabei kennt dieser die Zahlungsbereitschaft der Interessenten nicht. Setzt er nun einen zu niedrigen Preis fest entgeht ihm ein Teil des möglichen Erlöses, setzt er einen zu hohen Preis fest, kann er sein Fahrzeug nicht verkaufen. Solche Informationsasymmetrien sind der optimalen Preisfindung abträglich.

Unabhängig davon ob online oder physisch abgehalten versteht es eine Auktion ein interessiertes und kaufbereites Publikum in einem zeitlich eng definierten Rahmen zusammen zu bringen. Dies ist eine wichtige, Auktionen auszeichnende Eigenschaft die es ermöglicht den Markt auf einen bestimmten Zeitpunkt hin unmittelbar abzubilden.

Fotomontage mit der ältesten Harley-Davidson der Schweiz, einer Harley-Davidson 17-F welche als Veteranenmotorrad eingelöst ist. Bei der Vorbeifahrt hält der Fahrer des Motorrads den Daumen nach oben. Das Motorrad war Teil Auktionen klassischer Fahrzeuge.

Mit oder ohne Reservepreis

Im Vorfeld der Auktion kann zudem ein Reservepreis gesetzt werden. Dieser Reservepreis, auch Reserve genannt, entspricht dem Mindestpreis welcher der Besitzer des zu versteigernden Fahrzeugs auf alle Fälle lösen will. Dieser Preis erscheint aber nirgends und bleibt geheim. Wird also bei einer Auktion dieser Reservepreis nicht erreicht, wird auch das Fahrzeug nicht verkauft. Der Reservepreis sollte aber natürlich realistisch, sich an den Markt anlehnend, angesetzt sein.

Es gibt aber auch Auktionsobjekte welche als „No Reserve“ ausgeschrieben sind was soviel bedeutet, dass der Verkäufer auf das Setzen eines Mindestpreises verzichtet hat. Somit wird das Objekt in jedem Falle an den Höchstbietenden verkauft, unabhängig von der Höhe des Gebots. Ein solcher Ansatz birgt für den Verkäufer den Vorteil ein grösseres Publikum für das zur Auktion stehende Objekt anzuziehen da manche ein Schnäppchen wittern. Darüber hinaus kann auch die Gewissheit den Verkauf abschliessen zu können für den Verkäufer positiv ins Gewicht fallen. Eine Unsicherheit besteht jedoch im zu lösenden Verkaufspreis. Daten von Auktionshäusern scheinen aber zu suggerieren, dass die Vorteile statistisch – auch seitens Erlös – bei einem solchen Ansatz überwiegen.

Der Nachverkauf als letzte Chance

Hat man nach Auktionsende den Zuschlag für das Objekt nicht bekommen obwohl man das Höchstgebot abgegeben hat, besteht noch eine kleine Chance im Nachverkauf, insofern das abgegebene Höchstgebot sich im Dunstkreis des gesetzten Reservepreises bewegt. Dabei versuchen der Höchtbietende und der Verkäufer sich bilateral nach Ende der Auktion auf einen akzeptablen Kaufpreis zu einigen. Auf diese Möglichkeit weist das Auktionshaus dann aber im Einzelfall hin.


Online und klassische Auktionen

Das klassische Auktions- oder Versteigerungsgewerbe mit physischer Präsenz blickt auf eine lange, jahrhundertealte Tradition zurück wobei exklusive Fahrzeugauktionen sich erst nach und nach aus dem Kunst- und Sammlermarkt heraus emanzipierten und auf die vergangene Jahrtausendwende hin signifikant an Fahrt aufnahmen. Parallel zu dieser Entwicklung war das Entstehen elektronischer Märkte und des Internethandels, getrieben durch die kontinuerlich wachsende Technologisierung und Vernetzbarkeit, was in zunehmendem Masse die Existenz von Online-Auktionen ermöglichte. Die Auktionszeiten können hierbei nun individuell und flexibel angesetzt werden und das Publikum kann aus den eigenen vier Wänden heraus sich informieren und teilnehmen.

Sprechen die klassischen Auktionen oft Sammler im Hochpreissegment an, sind reine Online-Auktionen von Liebhaberfahrzeugen diesbezüglich tendenziell breiter aufgestellt und visieren weitere, mitunter auch jüngere Zielgruppen an. Die beiden Geschäftsmodelle ergänzen sich somit eher als dass sie sich konkurrenzieren.

Dies führt sich in der Gebührenstruktur fort welche grob in zwei Hauptkomponenten unterteilt werden kann: Gebühren für das Einstellen und Gebühren im Falle eines Verkaufs. Generell kann gesagt werden, dass die Gebühren bei Online-Auktionen mitunter signifikant geringer ausfallen als bei klassischen Auktionen. Dies hat auch damit zu tun, dass dieses Geschäftmodell einiges schlanker aufgestellt ist.

Werden bei einer klassischen Auktion die Fahrzeuge im Vorfeld vor Ort gebracht, z.B. zur Dokumentation, ist dies bei einer Online-Auktion nicht erforderlich. Das erspart somit Zeit und Mühen. Eine ausführliche und genaue Dokumentation ist aber dennoch unumgänglich. Nur hat der Verkäufer hier die Möglichkeit selber Hand anzulegen und seiner Kreativität freien Lauf zu lassen was auch ein Erlebnis- und Spassfaktor darstellen kann. Fahrzeugbesichtigungen können bei beiden Ansätzen arrangiert werden, wobei bei Online-Auktionen für interessierte Parteien im Vorfeld auch die Möglichkeit einer Probefahrt bestehen kann.

Auktionen können ganz schön spannend sein. Ob kaufen oder verkaufen, probieren Sie es einfach aus!



Dieser Artikel ist auch im 2020/2021 Jahresmagazin „KLASSIKerfahren“ der Freunde alten Blechs aller Marken (FaBaM) auf Seite 30-32 abgedruckt.



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